Olympia Fanreise Rio 2016
29.08.16
29.08.2016
... Lin Dan schafft es erstmals auf unsere Homepage, Badminton der Extraklasse!
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Nach meinen Versprechungen vor Jahren, dass ich mir die Olympiaspiele von David live anschauen werde, ist unsere Urlaubsreise für 2016 vom Ziel her definiert: Rio de Janeiro, aber da wir schon mal in Brasilien sind bauen wir unsere weitere Reise um die Badmintonspieltage von Lisi und David in Rio herum.
Das Badmintonolympiazentrum Riocentro im Stadtteil Barra da Tijuca liegt 35 km von Downtown Rio entfernt – Fahrtzeit mit U-Bahn und Bus, wenn’s gut geht – 2 Stunden pro Weg. Damit wir für die Morgensession nicht zu spät kommen nehmen wir um 06:30 Uhr ein Taxi. Im Riocentro finden neben Badminton noch Tischtennis, Gewichtheben und Boxen statt, die Badmintonhalle fasst 6500 Zuschauer.
David hat ja eine tolle Auslosung getroffen – eine Vierergruppe mit dem wahrscheinlich besten Spieler aller Zeiten – Lin Dan (China) und der Nr. 8 dem Viatnemesen Tien Minh Nguyen und dem Russen Vladimir Malkov.
Am Donnerstag, 11. August 2016 schlägt David morgens erstmals beim Olympischen Badmintonturnier von Rio auf. Wir sitzen in den Zuschauerreihen und freuen uns auf die kommenden Olympiamatches unserer Badmintonasse Lisi und David.
Mit Respekt beginnt David gegen Lin Dan, taut dann aber mehr und mehr auf und wir können ein sehr gutes Badmintonmatch verfolgen. Es ist klar, dass Lin Dan gewinnt, dennoch bin ich/wir beeindruckt von Davids Künsten! Das Resultat ist zwar klar [21:5/21:11], aber etliche sehr lange Rallies zwischen David und Lin Dan machen das Spiel zur Freude. Man merkt auch David an, dass er es mehr und mehr genießen kann.

Hier gibt es nur Spiele auf hohem Niveau. Bei 41/40 Starter/innen im Olympiaturnier sind das Tempo, die Finesse der Spiele, die Fitness der Athlet/innen und die ohne Ansatz gespielten Bälle faszinierend. Bei einem beobachtenden Match gab es beispielsweise einen Ballwechsel von 109 Sekunden mit 108 Schlägen … das spricht für sich. Das ist eine andere Badmintonwelt! Und unsere beiden Vorarlberger/in mitten drin!

Lisi spielt in derselben Session am Donnerstagvormittag ihr erstes Badmintonmatch gegen die Tai Tzu Ying (N. 8) aus Taipei. Lisi ist sehr fokussiert & konzentriert, unglaublich athletisch und spielt ein tolles Badminton, dennoch ist die Gegnerin übermächtig. 21:11/21:9.
Am selben Vormittag können wir auch noch die künftige Olympiasiegerin Carolina Marin aus Spanien beobachten. Sie ist 23 Jahre jung und hat nun nach dem Olympiasieg 2016 alle Titel, die es zu gewinnen gibt, bereits gewonnen: WM, EM, Olympia … Ihr Spiel wirkt unspektakulär, aber besitzt eine Genauigkeit und Schnelligkeit, die beeindruckt.
Es werden in jeder Session (Vor-, Nachmittag, Abend) immer unterschiedliche Disziplinen gespielt. So sieht man viele, interessante, unterschiedliche Athleten. Alle Spieler/innen werden am großen Screen vorgestellt, am Ende des Spiels gibt's Spielstatistiken dazu. Neu für uns auch, es werden alle Linien elektronisch überwacht und Spieler/innen können bei Zweifeln ob ein Ball "in or out" ist eine "Challenge" beantragen.

Ein Spaziergang im Stadtteil Botafogo, zum Fuß des Zuckerhuts und ein Besuch im prall gefüllten Österreicherhaus mit Krautspätzle beschließen unseren Tag.
Am Freitag nützen wir den Vor- und Nachmittag für die Altstadt und den Olympiaboulevard. Das ist sozusagen die Fanmeile am Hafen mit dem Olympischen Feuer, Fanshops uvm.

Am Freitagabend spielt dann David in einer fast ganz gefüllten Halle gegen Tien Minh Nguyen. Dieses Match bleibt uns in langer Erinnerung. David geht mit leuchten Augen ans Werk, zeigt keine Scheu und schöpft sein gesamtes Repertoire aus. Im ersten Satz liegt er immer voran. Unglaublich wie er clever, geduldig seine Punkte holt. Bei 18:16 spielt er dann etwas zu ungeduldig. Der Vietnamese nützt diese Ungeduld – er ist ja auch nicht nur irgendwer – und holt sich noch den ersten Satz. Im 2. Satz gibt es einige sehr lange Ballwechsel. Man merkt langsam, dass das Tempo immer enorm hoch und David nicht mehr „so“ spritzig ist. Dennoch – bei 20:11 – stehen die Zuschauer – angespornt von der Vorarlberger „Fanmeile“ (inzwischen sind wir 16 angereiste Fans!) und dem tollen Spiel hinter David. Das laute Wolfurter "hey, hey, hey ..." fehlt auch in Rio nie. David wird nochmals zu 3 super Punkten gepuscht … ein Erlebnis, das selbst eingefleischten Badmintonfans wie uns unter die Haut geht! Ich glaube, ihn noch nie so spielen gesehen zu haben, auch keine anderen österreichischen Spiele waren bisher so hochklassig.

Am Samstag bleibt uns wieder Zeit für die Stadt: Wir fahren auf den Corcovado mit der Christusstatue. Rio ist sehr gut besucht und die Weitläufigkeit der Stadt nimmt viel Zeit in Anspruch. Der Blick auf die vielen Buchten und den Zuckerhut von Rio – wahrscheinlich wirklich eine der schönsten Städte der Welt – lockt nicht nur uns auf den Corcovado, aber ist atemberaubend schön.

Lisi’s zweites Spiel gegen die Russin Natalia Perminova am Samstagabend ist im ersten Satz recht ausgeglichen, die entscheidenen Punkte gehen aber an die Russin. Im 2. Satz verliert sie dann allerdings den Faden und kann ihr eigenes Spiel nicht mehr zeigen. Es ist schade. Lisi ist sehr enttäuscht, aber man muss auch hier einmal anmerken, dass die Möglichkeit bei Olympia zu spielen schon eine enorme Leistung ist … Und es herrschen vermutlich wirklich andere Gesetze: Das Drumherum, die Bedeutung und die Erwartungen an sich selber und die der Anderen (z. B. die Hoffnung auf den ersten Damensieg) … alles nicht so locker wegzustecken. Leider konnte Lisi nicht ganz so unbekümmert aufspielen wie David und somit ihr großes Können zeigen. Trotzdem Lisi: Kopf hoch, du hast Enormes geleistet. Es ist auch dieses Spiel für uns ein tolles Erlebnis!

Sonntagmorgen geht es für David um den möglichen historischen Satz- oder gar Spielgewinn bei Olympia für einen Österreicher. Das merkt man David an, er ist angespannter: Die Lockerheit, die Unbekümmertheit sind nicht mehr so da. Trotz großer Anstrengung und Kampfgeist, kommt er nicht so zu seinem Spiel. David sieht natürlich seine Chance, aber er macht mehr Eigenfehler als bisher und es gelingt nicht mehr so viel, wie bei den vorherigen Spielen. Mit 21:11/21:10 zieht er gegen den Russen Vladimir Malkov den Kürzeren. Schade.

Die Olympischen Spiele sind für Lisi und David als Aktive damit beendet.
Insgesamt waren das noch faszinierendere Olympische Spiele für mich als 1996 in Atlanta. Eigene SpielerInnen anfeuern, ihren Werdegang über Jahre zu beobachten und dann zu sehen wie achtbar und sportlich toll sie sich bei so einem Großevent schlagen … das ist was Besonderes. Und als ehemalige Badmintonspielerin, jetzt wohl mehr Federballerin, kann man vor dieser Leistung, dieser Professionalität und ihrem Können nur den Hut ziehen. Die mitgereisten Fans hatten viel Freude mit euch Lisi und David, Obriga!

Das Badmintonturnier in Rio brachte auch für Europa eine Fülle von tollen Spielen und Medaillen: Dameneinzel Gold durch Carolina Marin (ESP), DD Silber durch die Dänninen Christina Pedersen/Kamilla Rytter Juhl und zweimal Bronze: Im HE durch den erst 22jährigen Dänen Viktor Axelsen, der im Spiel um Bronze in drei Sätzen Lin Dan mit 15:21/21:10/21:17 schlagen konnte und durch die Briten Marcus Ellis/Chris Langridge im HD.
Für uns blieben dann noch 1 ½ Tage Rio bevor unsere Reise uns noch weiter durch Brasilien führte. Ohne Olympiateilnahme von Lisi und David wären wir nicht in Brasilien gelandet - wir hatten eine wunderbare Zeit!
Gabi und Clemens
Bilder